Ebenso wie das Weichglühen zielt der Prozess des Grobkornglühens (früher „Hochglühen“ genannt) darauf ab, günstige Spannungseigenschaften zu erhalten. Das Verfahren eignet sich insbesondere bei Stählen mit niedrigem Kohlenstoffgehalt, um durch die Grobkornbildung nach der Wärmebehandlung eine höhere bzw. geeignetere Oberflächengüte für eine mechanische Weiterbehandlung (z. B. Zerspanen) zu erreichen.
Das Grobkornglühen wird zwischen 950 °C und 1100 °C, im Mittel etwa 150 °C über Ac3 des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms durchgeführt. Die Glühtemperaturen liegen in der Regel bei 930 °C bis 950 °C für Einsatzstähle (C-Gehalt </= 0,2 %) und bei anderen untereutektoiden Stählen (C-Gehalt < 0,8 %) zwischen 950 °C und 970 °C. Die Abkühlung muss bis zur Gamma-Alpha-Phasenumwandlung (Ar1-Linie) im Ofen durchgeführt werden. Ab ca. 680 ° C ist eine beschleunigte Abkühlung, möglichst im Luftstrom, empfohlen.
Grobkorngeglühte Werkstoffe weisen eine geringere Festigkeit und Zähigkeit sowie deutlich schlechtere Härtbarkeit auf, weshalb das Werkstück nach spanender Bearbeitung meist nochmals normalgeglüht werden muss, sofern es sich um unlegierte oder und niedriglegierte Stähle handelt.